Sehr geehrte Frau Ludwig, ist Ihre Gründung vor zehn Jahren eine Erfolgsstory?
Ja, bestimmt.
Warum meinen Sie, dass das so sei?
Wir haben auf die doch relativ kurze Zeit vieles für unsere Berufskolleginnen und -kollegen erreicht. Der Regensburger Berufsverband ist ein noch recht junger Verband unter den bestehenden Verbänden in Deutschland. München z.B. gibt es schon seit mehr als 30 Jahren. Besonders die Aus- und Fortbildungsangebote, die Vernetzung und der Austausch untereinander und die Erstellung eines Arbeits- und Prozesshandbuches für das Pfarrbüro in der Diözese Regensburg sind wichtige Erfolge unseres Verbandes.


Welches waren die Motive für die Gründung?
Früher habe ich in der freien Wirtschaft gearbeitet und erkannt, wie wichtig es ist, dass ein guter Chef auch eine gute Sekretärin benötigt. Schließlich wechselte ich in den kirchlichen Dienst. Mein Chef wusste, dass ich in Verwaltungsaufgaben fit bin und er sich auf mich verlassen konnte. Es wurde deutlich, dass die Pfarrer mehr Unterstützung benötigen, um wieder ausreichend Zeit für ihre wesentlichen seelsorgerlichen und pastoralen Aufgaben zu haben. Das war zunächst der ausschlaggebende Grund. Zudem war es an der Zeit, einen Berufsverband zu gründen, um den Austausch unter den Kollegen und Kolleginnen zu fördern und verschiedene Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Zusammen mit einer kleinen Gruppe, die sich bei einem EDV-Kurs traf, haben wir dann die Gründung ins Rollen gebracht.
Wie ging es danach weiter?
Mir wurde bewusst, dass viele Pfarrer oft nicht die Zeit haben, eine Pfarrsekretärin umfassend anzulernen und ihr das nötige kirchenrechtliche Grundwissen sowie weitergehende Kenntnisse zu vermitteln. Da Pfarrsekretärinnen in den Pfarrbüros meist alleine arbeiten, wissen sie oft nicht, an wen sie sich bei Fragen wenden können. Auch mir ging es so – ich musste viele Dinge selbst erfragen. In der Diözese waren Informationen zu unserer Arbeit seinerzeit nur begrenzt verfügbar. Deshalb habe ich mich bei anderen Diözesen erkundigt, wie dort die Fortbildungen für unsere Berufsgruppe organisiert sind. Im Jahr des Regensburger Katholikentags 2014 schlugen Vertreter benachbarter Berufsverbände vor, dass sich die Regensburger Pfarrsekretärinnen einmal zwanglos treffen sollten. Der Vorstand des Berufsverbandes in Eichstätt hat uns dabei sehr unterstützt. Dieses Treffen führte schließlich auch zur Gründung des Verbandes.
Worum ging es bei Ihnen konkret?
In unserer Diözese mangelte es, abgesehen von den EDV-Schulungen, an fachlichen Aus- und Weiterbildungen für unsere Arbeit im Pfarrbüro. Die Volkshochschule, an die wir uns laut Empfehlung wenden sollten, berücksichtigt erfahrungsgemäß nicht die spezifischen kirchlichen Anforderungen.
"Sie sind in vielfacher Hinsicht das Gesicht der Pfarrei und dürfen, müssen und können manchmal Dinge tun, die in keiner Stellenbeschreibung zu erfassen sind und leider einfach oft im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar sind."— Bischof Dr. Voderholzer bei der Rede zum zehnjährigen Jubiläum
Die Komplexität in der Gesellschaft wird immer größer. Welche Anforderungen werden an Sie gestellt?
Unsere Aufgaben sind vielfältig und umfangreich. Durch die Zusammenlegung von Pfarreien haben Pfarrer meist immer weniger Zeit, sich um alles zu kümmern, und sind oft schwer zu erreichen. Trotzdem müssen Aufgaben erledigt und Entscheidungen getroffen werden. Deshalb übernehmen wir in den Pfarrbüros eine Vielzahl von Aufgaben: Wir wickeln kirchliche Amtshandlungen ab, erstellen Kirchenrechnungen, kümmern uns um Personalangelegenheiten und erstellen Arbeitsverträge für Kirchenstiftungsangestellte. Zudem verwalten wir Gebäude wie Pfarrheime und Friedhöfe, sind Ansprechpartner für Ehrenamtliche und Gemeindemitglieder, unterstützen bei der Organisation von Pfarreiveranstaltungen und stehen in Notfällen zur Verfügung, wenn niemand da ist. Durch den höheren gesellschaftlichen Druck gibt es immer weniger engagierte Ehrenamtliche, die Aufgaben übernehmen können.

Was benötigt man für Ihre Tätigkeit?
Man benötigt fachspezifische Schulungen sowie Kurse in den kirchlichen EDV-Programmen. Früher war der Pfarrer öfter im Büro und konnte direkt helfen, weil er nur eine Pfarrei hatte, aber heute sind die Pfarrer viel unterwegs und daher seltener vor Ort. Unser Bischof Dr. Voderholzer sagte bei seiner Rede zum zehnjährigen Jubiläum: „Sie sind in vielfacher Hinsicht das Gesicht der Pfarrei und dürfen, müssen und können manchmal Dinge tun, die in keiner Stellenbeschreibung zu erfassen sind und leider einfach oft im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar sind." Daher tragen wir auch eine gewisse pastorale Verantwortung. Auch wenn diese Funktion nicht offiziell ist, ist es wichtig, dass wir die Fähigkeit besitzen, auf die Bedürfnisse der Pfarreimitglieder einzugehen.
Was macht die „gute Pfarrsekretärin" aus?
Eine gute Pfarrsekretärin zeichnet sich durch eine Reihe von Eigenschaften und Fähigkeiten aus, die es ihr ermöglichen, ihre Aufgaben effektiv und einfühlsam zu erfüllen, z.B. Organisationstalent, Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Fachwissen, Diskretion, Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit, Flexibilität, die Fähigkeit zum kompetenten Umgang mit Bürosoftware und EDV-Systemen, Teamfähigkeit, Geduld und Belastbarkeit, um auch in stressigen Situationen ruhig und freundlich zu bleiben. Diese Kombination aus Fähigkeiten und Eigenschaften hilft einer Pfarrsekretärin, effizient zu arbeiten und somit einen wertvollen Beitrag in der Pfarreiarbeit zu leisten.
Tätigkeiten einer Pfarrsekretärin
- Kirchliche Amtshandlungen abwickeln
- Kirchenrechnungen erstellen
- Personalangelegenheiten und Arbeitsverträge
- Gebäudeverwaltung (Pfarrheime, Friedhöfe)
- Ansprechpartner für Ehrenamtliche und Gemeindemitglieder
- Organisation von Pfarreiveranstaltungen
- Notfall-Anlaufstelle in der Gemeinde
Wo liegen dann die Probleme?
Das steigende Arbeitspensum bereitet uns zunehmend Schwierigkeiten, und Überstunden belasten zusätzlich. Die zur Verfügung stehende Arbeitszeit richtet sich nach der Anzahl der Katholiken in einer Pfarrei, doch diese Stunden reichen nicht mehr aus. Um effizient zu arbeiten, sind regelmäßige Schulungen notwendig, die die Diözese nun organisiert und anbietet – was früher nicht der Fall war. Auch menschlich stellt uns unsere Arbeit oft vor Herausforderungen: Hilfesuchende kommen an unsere Tür, und Angehörige von Verstorbenen suchen Trost. Daher sind Mitgefühl, Geduld und gute Kommunikationsfähigkeiten für uns unerlässlich.
Welche Rolle kommt der Digitalisierung zu?
Digitale Technologien wie das Programm „MeldewesenPlus", das ich in unserer Diözese selber schule, das Messstipendienprogramm „INTENTIO" oder das Kirchenrechnungsprogramm ermöglichen eine effizientere Verwaltung von Gemeindemitgliedern und Finanzen, wodurch alltägliche Aufgaben schneller und präziser erledigt werden können. Durch den Einsatz von E-Mail, digitalen Kalendern und sozialen Medien hat sich die Kommunikation innerhalb der Gemeinde erheblich verbessert. Mit einem von der Diözese Regensburg geplanten digitalen Archivierungssystem werden wir künftig wichtige Dokumente und Unterlagen leichter verwalten und abrufen können, was uns die Büroarbeit erleichtert. Die Digitalisierung macht das Pfarrbüro effizienter, transparenter und zugänglicher. Das kommt letztlich der gesamten Pfarrei zugute. Deshalb sind kontinuierliche Schulungen und die Umsetzung der digitalen Arbeit im Pfarrbüro so wichtig.
Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit dem Pfarrgemeinderat?
Die Schnittstelle des Pfarrgemeinderates ist der Pfarrer. Wir ermöglichen die Bedingungen für erfolgreiches pastorales Arbeiten, Geldverkehr und Unterstützung in der Liturgie.
Wer organisiert die Feste?
Ein Festausschuss des Pfarrgemeinderats sollte dafür verantwortlich sein. Dies hängt jedoch stark von der jeweiligen Pfarrei, der Kirchenverwaltung und deren Vorstand ab. Außerdem spielt die Einbindung der Pfarrsekretärin eine Rolle sowie ihre zeitlichen Möglichkeiten.
Wie schaut es mit dem Pfarrbrief aus?
Die Erstellung des Pfarrbriefs ist ein Teil unserer Arbeit. Dabei hängt vieles vom Erscheinungsrhythmus ab und davon, wie schnell und wie gut formuliert die notwendigen Informationen eintreffen. Manchmal müssen die Informationen auch komplett selbst zusammengestellt werden.
Das hört sich doch alles verhältnismäßig locker an. Wo liegen die echten Problemzonen?
Von wegen locker! Die Zuteilung der Arbeitsstunden erfolgt nach der Anzahl der Katholiken. Da die Zahlen rückläufig sind, wissen wir alle, dass dies zu Problemen führt. Für 2000 Katholiken sind derzeit 10 Wochenstunden vorgesehen, für 4000 Katholiken 18 Wochenstunden. Wenn ich jedoch in einer Pfarrei mit 4000 Katholiken z.B. für fünf Kirchen zuständig bin, habe ich deutlich mehr Arbeit als bei derselben Anzahl an Katholiken mit nur einer Kirche. Das stellt für uns ein großes Problem dar. Ich bin jedoch froh, dass Herr Generalvikar Dr. Roland Batz uns sehr ernst nimmt, und hoffe, dass wir bald eine Lösung finden, die für alle akzeptabel ist.
Verstehen Sie Ihre Tätigkeit ausschließlich als Verwaltungstätigkeit? Oder sind auch geistliche Interessen dabei?
Grundsätzlich handelt es sich um eine Verwaltungstätigkeit. Durch ihre vielfältigen Aufgaben und ihr Engagement trägt die Pfarrsekretärin jedoch wesentlich zum reibungslosen Ablauf des Gemeindelebens bei und unterstützt sowohl die Gemeindemitglieder als auch das Pfarrteam. Zusätzlich bedarf es einer gewissen pastoralen Fürsorge und geistlicher Aspekte. Hohe menschliche Anforderungen sind nötig, um den verschiedenen pastoralen Situationen wie Trauer, Armut und Krisen gerecht zu werden. Eine Pfarrsekretärin sollte eine Verbindung zur Kirche haben und die Bedeutung der kirchlichen Sakramente sowie den Ablauf des kirchlichen Jahres kennen. Der katholische Glaube prägt maßgeblich unsere Arbeit.
Was begeistert eine Pfarrsekretärin bei ihrer Tätigkeit?
Die Vielseitigkeit, keine Frage. Das bestätigen alle Kolleginnen, die in diesem Beruf arbeiten. Man hat viele Begegnungen mit verschiedenen Menschen. Wie in jedem anderen Beruf hängt auch hier vieles vom Vorgesetzten ab. Leider passiert es immer wieder, dass eine langjährige, gute Pfarrsekretärin aufhört, weil die Zusammenarbeit mit dem neuen Pfarrer nicht mehr funktioniert. Da kann es schon schlaflose Nächte geben. Es heißt dann: Ich komm nicht mehr zurecht, dazu die Überforderung bei zu wenigen Stunden. Wenn eine Grenze erreicht ist, dann geht's nicht mehr. Das ist immer sehr bedauerlich.
Was steht bei Ihnen in Zukunft auf der Agenda?
In den vergangenen zehn Jahren haben wir schon vieles erreicht. Wir haben mehr als 400 Mitglieder, somit drei Viertel aller in Frage kommenden Pfarrsekretärinnen in unserer Diözese. Es wäre natürlich hilfreich, wenn wir für unsere Tätigkeiten im Pfarrbüro mehr Arbeitsstunden zur Verfügung bekommen. Kürzlich erwähnte eine Sekretärin, dass sie gerne einmal so arbeiten würde, dass sie das Pfarrbüro mit dem beruhigenden Gefühl verlässt, alle Aufgaben in Ruhe und gründlich erledigt zu haben. Auch die weitere gute Zusammenarbeit mit dem Bischöflichen Ordinariat ist uns ein großes Anliegen, das Mit-Eingebunden-Sein in die pastoralen Planungen 2034 mit konstruktivem Mitdenken und Mitplanen. Hier sind wir schon auf einem guten Weg.
Nochmals Thema Digitalisierung: Wird man Sie immer brauchen?
Im Hinblick auf die pastorale Entwicklung 2034 wird es natürlich Veränderungen auch in den Pfarrbüros und in der Verwaltung geben. Pfarrsekretärinnen spielen eine unverzichtbare Rolle in der Pfarreiarbeit, und es ist sicher, dass sie auch in Zukunft weiterhin benötigt werden. Während die Digitalisierung viele Prozesse erleichtert, bleibt der menschliche Aspekt in der kirchlichen Arbeit von großer Bedeutung. Pfarrsekretärinnen bieten nicht nur administrative Unterstützung, sondern auch emotionale und pastorale Stütze, die von der Technologie nicht ersetzt werden kann. Die menschliche Präsenz und das persönliche Engagement der Pfarrsekretärinnen bleiben unentbehrlich. Und davon bin ich überzeugt.